Katherina: Hi! Danke, dass ich noch einmal dabei sein darf, ich liebe deine Interviews! Ich bin freischaffend im Bereich Lektorat, Korrektorat, Sensitivity Reading tätig, habe neulich eine Weiterbildung rund ums Programmieren gemacht und „PRISM“ ist meine neunte eigenständige Veröffentlichung.
Ich lebe mit meinem Lebensgefährten und Kater Balthasar in Vorarlberg. Das ist im Westen Österreichs.
Und wenn ich mal nicht an Büchern schraube, bastle ich an digitaler Musik, spiele Videospiele, laufe mit dem Kater durch die Nachbarschaft oder liege müde vor dem Fernseher.
Katherina: Schreiben ist der einfachste Weg, eine Geschichte immer auf die exakt gleiche Art zu erzählen, und zwar sogar dann, wenn ich nicht anwesend bin, um dieses Erzählen zu erledigen.
Ich war ein Kind, das den Alltag ziemlich öde und unmagisch fand. Wenn meine Eltern gefragt haben, was in der (Grund-)Schule los war, dann fand ich die Realität nicht sehr erzählenswert. Deutsch, Mathe, Sachkunde, Pausenhof. Wer will bitte sowas hören? Also erzählte ich von einer fiktiven Mitschülerin, deren Vater Fernfahrer war und sie mit dem Lastwagen zur Schule gefahren hat.
Als ich kleiner war, zeichnete ich „Teppich von Bayeux“-artig Erinnerungsstützen für meine Geschichten. Keine Comics mit Panels im klassischen Sinne, sondern eine fortlaufende Wurst von Erzählung, bei der eine Figur mehrfach vorkommt, weil die Geschichte schließlich weitergeht.
Als ich größer war, schrieb ich das dann auf. (Mit „größer“ meine ich, „neun“.)
Meine Eltern versprachen mir, dass ich einen richtigen Computer kriege, wenn ich die Bildungsempfehlung fürs Gymnasium kriege. Das war dann auch der Fall und 2001 kam ich an meinen ersten Computer, auf dem ein anderes Schreibprogramm drauf war als „Editor“.
Vorher hat mich oft davon abgehalten, meine Ideen aufzuschreiben, dass mir aus motorischen Gründen das Schreiben mit der Hand schwer fiel. Ich wurde schnell müde und notierte Grundideen auf Zwergenzettel (Recyclingpapier, liniert, mit aufgedruckten Gartenzwerge) aus der Grundschule, statt sie auszuformulieren. Damals glaubte ich, dass ich mir die schon merken würde. (Nein.)
Mit MS Word konnte ich plötzlich tippen – etwas, das ich nach ein bisschen Übung trotz eines chaotischen Systems schneller konnte als die Kinder, die entsprechende Kurse gemacht haben. Mit chaotisch meine ich, dass ich neunzig Prozent aller Texte mit drei bis vier Fingern tippe, von denen einer für die Lehrtaste zuständig ist und sonst nichts macht, und ohne zu gucken. Während ich dieses Interview beantworte, kann ich meine Hände nicht sehen, da meine Tastatur in einer Schreibtischschublade unterhalb der Tischplatte liegt, auf der sich die Maus befindet. Und seit ich tippen kann, gibt es kein Halten mehr.
(Ich weiß, dass viele Leute hier Geschichten darüber erzählen, wie sie schon immer Autor*in/Schriftsteller*in werden wollten. Aber den Wunsch hatte ich in der Form nie. Ich wollte lediglich die ganzen Geschichten rauslassen, die sonst wie geschüttelte Limo in der Flasche gegen den Deckel drücken und ihn irgendwann rausschießen.)
So gut wie alles, was dabei entstand, war in irgendeiner Form fantastisch. Es gibt exakt zwei Langformen ohne fantastische Elemente bei mir – den Patreon-Roman „R0mEO und Julz“, eine Adaption von „Romeo und Julia“ in der Jetzt-Zeit, und das Buch über das zwölfjährige fußballspielende Mädchen, das an einen gemeinen Lehrer gerät (und das ich mit elf angefangen habe und nie beenden konnte, da es einem PC-Crash zum Opfer fiel).
Seit ich vierzehn bin, schreibe ich Vampirromane, aber es wird dauern, bis die veröffentlicht werden. Mein erster fertiger Roman war die Urfassung von „2145 – die Verfolgten“, dystopische Science-Fiction. Das ist auch der Bereich, in dem sich PRISM bewegt.
Mit Altersgruppen tue ich mich etwas schwer, weil ich nicht abschätzen kann, welche Eigenschaften Literatur speziell für Jugendliche haben muss. Als ich Teenie war, wurde sehr viel Romantasy veröffentlicht, aber ich habe die nicht gern gelesen. (Die Gründe dafür würden hier zu weit führen.) Ab und zu schreibe ich Jugendbücher, wie ich sie gebraucht hätte, aber die es früher nicht gab. „Der tote Prinz“ ist eher ein Jugendbuch, „R0mEO und Julz“ auch, 14+?
Aber überwiegend schreibe ich für Erwachsene.
Katherina: Eine Software soll es ermöglichen, die Erinnerungen von Toten hochzuladen, und somit posthum eine Aussage zu ermöglichen – um Mordfälle aufzuklären. Das klingt auf den ersten Blick nach einer guten Sache, die helfen soll, die Welt sicherer zu machen. Zumindest glaubt Penelope Esterhazi das. Und weil der Konzern hinter der Software besser zahlt, als die Universität, und Penelope schwanger ist und ein Kind mitzuversorgen hat, lässt sie sich dort anstellen.
Dass das Pärchen, in das sie sich verliebt hat, auch dort arbeitet, ist die Kirsche auf der Torte. Doch nicht alles, was nach einer guten Idee klingt, ist tatsächlich eine.
Zwischen dem ganzen Dystopieaspekt rund um die Erinnerung der Toten, Verbrechensbekämpfung und akademischen Nöten gibt es aber auch ganz herzerwärmende, liebevolle Momente im Leben eines Trärchens, die Tücken eines Kindergeburtstags und den chaotischen Familienalltag.