Ihr Lieben, heute habe ich Monika Augustin als Gästin
bei mir, ich möchte ihr ein Paar Fragen zu ihrer neuesten Märchenadaption und
zu Adaptionen generell stellen.
Swapnix: Hallo Monika, bitte stell dich doch kurz den
Lesenden vor, welche dich vielleicht noch nicht kennen.
Monika: Hi zusammen! Ich bin Monika, 43 Jahre alt,
Mutter einer Tochter und Mitbewohnerin eines Katers. Im Hauptberuf arbeite ich
als Prozessmanagerin im globalen Marketing eines Maschinenbauunternehmens. Als
Teenager wollte ich Fantasy-Autorin werden, aber stattdessen habe ich mit dem
Schreiben länger pausiert. Den Weg zurück zum Schreiben habe ich durch eine
witzige Frage meiner Tochter gefunden – so kam mir die Idee zu meinem
Kinderbuch.
Swapnix: Wir sprechen heute über deine Jugendbuchreihe
„Legends Remastered“. Mit „Hannes und Greta“ erscheint nun schon deine 2. Märchenadaption
für Jugendliche und Märchenfans. Worum geht es grob und weshalb hast du gerade
dieses Märchen ausgesucht?
Monika: Wie im
Originalmärchen verirren sich in meinem Buch zwei Geschwister und suchen den
Weg zurück nach Hause – aber in unserer realten Welt ohne Magie. Jedes Element
aus dem Originalmärchen habe ich sorgfältig in die heutige Realität übertragen.
Weil eine Stiefmutter heute kaum Kinder aus dem Haus jagt, musste ich andere,
realistische Gründe finden, warum die Kinder fortgehen – statt einer einzelnen
Person sind es Vernachlässigung und Lieblosigkeit, die die Kinder von zuhause
forttreiben.
Swapnix: Dieses mal ist die Gesichte wirklich nichts
für zarte Gemüter, Hannes und Greta erleben wirklich schlimme Dinge während
ihrer Zeit auf der Straße, weshalb war es dir so wichtig, diese Ereignisse so
deutlich zu schildern?
Monika: Lässt man mal die Zuckerstangen weg und denkt
darüber nach, ist das Originalmärchen „Hänsel und Gretel“ schon grausam. Ausgesetzt
im Wald, Hunger, Gefangenschaft bei einer Kannibalin. Und ähnlich schlimmes
passiert auch heute, auch bei uns. Ich habe mir beim
Schreiben viele Gedanken gemacht, wie explizit ich diese Realität darstellen
möchte. Und mich entschieden, schlimme Dinge eher anzudeuten statt auszuschreiben.
Vieles bleibt zwischen den Zeilen, zum Beispiel das Alkoholproblem des Vaters –
das macht es für Erwachsene oder Betroffene nicht weniger bedrückend, aber
lesbar für Jugendliche.
Swapnix: Wie hast du die Recherche zum Buch betrieben?
Monika: Ich habe viel gelesen, online recherchiert und
in Mediatheken Dokus über obdachlose Jugendliche gehört – auch aus dem
deutschsprachigen Raum. Besonders hilfreich waren Gespräche mit Menschen aus dem
sozialen Bereich, etwa mit Mitarbeitenden der Caritas, die täglich mit
Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen zu tun haben. Direkten Kontakt zu
obdachlosen Jugendlichen hatte ich nicht. Ich schreibe als Hobbyautorin und
hatte zu großen Respekt davor, in echte, verletzliche Lebensgeschichten
einzutauchen.
Swapnix: Was ist für dich die wichtigste Botschaft deines
Buches?
Monika: Für mich sind es zwei zentrale Themen. Zum
einen: Auch in einem wohlhabenden Land wie Deutschland wachsen Kinder unter
prekären Umständen auf – oft unbemerkt und ohne Lobby. Nicht jede Kindheit ist
heil, nicht jede Familie ist sicher. Solche Realitäten sollten in Jugendbüchern
einen Platz haben – damit Betroffene sich wiederfinden und sichtbar werden. Zum
anderen geht es mir mit dieser Geschichte um Mut, Hoffnung und
Selbstwirksamkeit. Greta ist ein Kind, das nicht aufgibt, auch wenn sie sich sehr
oft machtlos fühlt. Sie ist leise, ängstlich, aber voller innerer Stärke. Ihre
Geschichte soll Mut machen – wir können uns selbst retten.
Swapnix: Bist du der Meinung, dass Märchen noch immer
wichtig sind, und falls ja warum?
Monika: Ja, unbedingt. Märchen überdauern
nicht ohne Grund Jahrhunderte. Sie transportieren tief verwurzelte Wahrheiten,
moralische Fragen, Hoffnungen und Ängste, die uns bis heute betreffen. Märchen
helfen Kindern (und auch Erwachsenen!), komplexe Themen wie Gerechtigkeit,
Angst, Mut oder Verlust zu begreifen – in einer symbolischen Sprache, die Kopf
und Herz gleichzeitig erreicht. Märchen erzählen vom „Gefahr erleben und heil
wieder herauskommen“ – das ist eine unglaublich kraftvolle Erfahrung für junge
Leser*innen.
Swapnix: Wenn du sie adaptierst, was genau änderst du
dann und warum findest du es wichtig, sie anzupassen?
Monika: Märchen handeln von universellen,
menschlichen Themen. Aber sie wurden in einer Zeit aufgeschrieben, in der
andere gesellschaftliche Normen und Rollenbilder galten. Ich übersetze Märchen
in unseren heutigen Kontext und baue daraus eine Geschichte, die in unserer
Zeit funktioniert. Das bedeutet manchmal auch, klassische Rollen neu zu denken.
Zum Beispiel: Wenn ich je „Schneewittchen“ adaptieren sollte, würde ich den
Prinzen wahrscheinlich gar nicht mit einer Person besetzen, sondern eher mit
einer starken inneren Entwicklung der Protagonistin. Frauen brauchen nämlich
keine Prinzen (mehr?), sie sind ihre eigenen Heldinnen.
Swapnix: Welches ist dein Lieblings Märchen und
welches würdest du dir am ehesten als nächstes vornehmen um es zu adaptieren?
Monika: Mein Lieblingsmärchen ist „Die Gänsemagd“.
Eine Prinzessin wird verraten und gezwungen, ihr Leben mit dem ihrer Magd zu
tauschen. Dabei spielt ein sprechender (!) Pferdekopf (!) eine wichtige Rolle.
Ich arbeite gerade an dieser Geschichte – es wird eine Pferdegeschichte mit
starken Emotionen und ganz viel innerem Wachstum. Der Plot steht schon, und ich
freu mich schon selber darauf, die fertige Geschichte vor mir zu haben.
Swapnix: Liebe Monika, ich danke dir sehr für dieses
spannende Gespräch und wünsche Hannes und Greta viele begeisterte Lesende!
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(Quelle Autorinnenfoto: Monika Augustin)